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Brauchen wir wirklich optimierte Netze?

Um mehr grüne Energie einzuspeisen, soll das Stromnetz ausgebaut werden. Dabei gibt es bereits ein gut funktionierendes Netz, das sich dafür anbietet.

Wenn man im Auto oder mit der Bahn durchs Land fährt, fällt einem immer wieder auf, wie schön es zwischen Nordsee und Alpen doch sein könnte, gäbe es diese vielen Strommasten nicht. Wie die zahlreichen Windräder sorgen auch die Masten für getrübte Aussichten. Kein Wunder, dass verschiedene Bürgerinitiativen gegen „hässliche“ Stromtrassen ins Feld ziehen.

Lösungen dringend gesucht

Wenn die Energiewende funktionieren soll, braucht Deutschland mehr von diesen unschönen Riesen. Mehr Windräder und mehr Stromleitungen, um den grünen Strom vom Ort der Erzeugung dorthin zu transportieren, wo er verbraucht wird. Mit der bestehenden Netzinfrastruktur funktioniert das nicht. Deren Kapazität reicht nicht aus, um den Windstrom aus dem Norden zu den Industriezentren im Süden und Westen zu transportieren. Deswegen werden bisweilen Windräder abgeschaltet. Ein auf die neuen Anforderungen zugeschnittenes Stromnetz bedeutet immense Kosten. Insbesondere, wenn das neue Leitungssystem wie von Umweltschützern und Bürgern gefordert unterirdisch verlaufen soll.

Strom zu Gas – und umgekehrt

Es könnte aber auch günstiger gehen. Denn es gibt bereits ein gut funktionierendes rund 530.000 Kilometer langes Leitungssystem: das Erdgasnetz. Anders als das bestehende Stromnetz, das die Energie über große Strecken per Freileitung zu den Verbrauchern bringt, verläuft das Erdgasnetz komplett unterirdisch. Und es ist für große Energieflüsse ausgelegt: Jedes Jahr bewegt es etwa doppelt so viel Energie wie das Stromnetz.

Der Clou: Im Erdgasnetz lässt sich mit grünem Strom erzeugtes synthetisches Erdgas zwischenspeichern. Die Technologie nennt sich Power-to-Gas (PtG). Dabei spaltet überschüssiger Ökostrom per Elektrolyse Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff auf. Aus dem so gewonnenen Wasserstoff lässt sich Methan herstellen, der Hauptbestandteil von Erdgas. Wird dann wieder elektrische Energie gebraucht, dient das synthetisierte Methan wie herkömmliches Erdgas als Brennstoff, den Gaskraftwerke verfeuern, um damit Strom zu produzieren. Ein angenehmer Nebeneffekt: Der für den Methanisierungsprozess benötigte Kohlenstoff stammt idealerweise aus Kohlendioxid (CO2). Das klimaschädliche Gas fände also eine sinnvolle Verwendung.

Wirtschaftlich? Ja!

Warum gilt PtG bei all diesen Vorteilen bislang nur als Plan B in der Energiepolitik? Hauptkritikpunkt ist, dass sich der Einsatz der Technologie finanziell (noch) nicht lohnt. Aktuelle Studien, zum Beispiel vom Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme (ISE), zeigen, dass das Verfahren sehr wohl das Zeug zu einer rentablen Schlüsseltechnologie hat. Zum einen belegt die ISE-Studie, dass sich der Aufwand mit steigender Anlagenzahl sehr schnell relativiert, zum anderen lassen sich die Treibhausgasemissionen so kostengünstig reduzieren. Und das ist mindestens ebenso wichtig wie die Ökostromerzeugung, um die Schönheit zwischen Nordsee und Alpen zu erhalten.