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Ein Haus sieht rot!

Energieberater Thomas Spies ist nachts bei Kälte unterwegs, um Thermografiebilder von Häusern zu machen. Damit lassen sich Wärmelecks in der Gebäudehülle gezielt aufspüren.[contentImage source=“4287949″ desc=“Energieberater
Thomas
Spies“ title=““ align=“links“ /]

Manchmal fragen mich die Nachbarn, was ich denn
mitten in der Nacht da mache. Wirkt ja auch komisch,
wenn jemand im Dunkeln um die Häuser zieht und
Bilder aufnimmt. Ich kann sie beruhigen: Ich bin kein
Einbrecher, sondern Energieberater. Gerade jetzt bin
ich von spät abends bis morgens vor Sonnenaufgang
unterwegs und schieße mit einer Infrarotkamera Thermografiebilder
von Häuserfassaden meiner Kunden.

Die Kamera zeichnet die Oberflächentemperatur des
Gebäudes auf und markiert die Wärmeabstrahlung:
Warme Oberflächen leuchten gelb bis rot, kühle blau.
Auf einen Blick lässt sich so erkennen, an welchen
Stellen ein Gebäude Wärme verliert. Thermografen
arbeiten gern nachts, wenn der Unterschied zwischen
behaglicher Innen- und frostiger Außentemperatur
möglichst groß ist: Tagsüber würden Sonnenstrahlen
die Fassade erwärmen und das Ergebnis verfälschen.
Also komme ich im Dunkeln, mit Stirnlampe und
handlicher Kamera. Heute Nacht ist auch Hausbesitzer
Frank Winkler dabei. Dick eingepackt in eine Winterjacke
guckt er mir bei der Arbeit über die Schultern.
Der 42-Jährige wohnt mit Frau, Tochter und seinen
Eltern in einem weiß verputzten Siebziger-Jahre-Einfamilienhaus, zweigeschossig, mit ausgebautem
Satteldach und grauen Metallfenstern. Die Dunkelheit
verschluckt das Haus, doch auf dem Kameradisplay
leuchtet die Fassade in verschiedenen Farben.

Alles noch ganz dicht?

Schonungslos deckt die Thermografie energetische
Schwachstellen auf: undichte Fensterrahmen, Heizkörpernischen,
schlecht gedämmte Rollladenkästen.
Sogar die Dübelpunkte der Fassadendämmung zeichnen
sich ab. „Ich sehe mein Haus jetzt mit völlig anderen
Augen“, sagt Frank Winkler. Der Reihe nach
nehme ich alle Fassadenseiten auf und mache einige Detailbilder von den Fenstern. Nach einer
Viertelstunde sind die Fotos im Kasten, der nächste
Kunde wartet schon.

Überraschung im Dachgeschoss

Einige Tage später besuche ich Familie Winkler erneut
– diesmal tagsüber, um die Innenräume zu untersuchen.
Oft legen erst Thermografie-Außen- und -Innenaufnahmen
gemeinsam alle Mängel offen. Wir
steigen hinauf in das als Wohnung ausgebaute Dachgeschoss.
Zeigten die Thermografien von außen noch
eine durchgehend blaue Oberfläche – Indiz für eine
gute Dämmung –, liefern die Innenaufnahmen den
Gegenbeweis: blaue Stellen an Fensterecken und
Gauben. Ein Hinweis auf kalte Zugluft von außen oder
Schwachstellen bei der Dämmung. Auch Lecks in
Rohren oder Heizschlangen lassen sich mit Hilfe von
Wärmebildern orten, ohne dass man Löcher bohren oder den Boden aufstemmen muss. Das Verfahren ist
für Alt- und Neubauten interessant. Durch schlechte
Ausführung können auch beim nagelneuen Energiesparhaus
Wärmelecks entstehen.

Zwei Wochen nach dem Termin schicke ich den
Winklers einen Auswertungsbericht mit Farbausdrucken,
Hinweisen zum Einsparpotenzial und Verbesserungsvorschlägen.
Gemeinsam überlegen wir, welche
Sanierungsmaßnahmen für die Familie finanzierbar
sind und sich rentieren. Winklers wollen die undichten
Fenster gegen Energiesparfenster austauschen,
Rollladenkästen und Heizkörpernischen nachträglich
dämmen. „Das wird nicht billig“, weiß Frank Winkler.
„Aber langfristig macht es sich durch niedrigere Heizkosten
bezahlt.“