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Altbausanierung extrem: Fachwerk, Naturstein und Co.

Einen Altbau aus den 1950ern oder später zu sanieren, ist zwar aufwändig, aber gut machbar. Was aber, wenn das Baujahr weit vor dem Zweiten Weltkrieg liegt?

Bei Altbauten scheiden sich die Geister: Die einen würden niemals in einem solchen Haus leben wollen, die anderen freuen sich über den ganz eigenen Charakter dieser Immobilien – und dass selbst eine umfangreiche Kernsanierung oft günstiger ist als der komplette Neubau eines Hauses. Wer sich für den Kauf einen Altbau entscheidet, für denn heißt es meist nur: Neue Leitungen verlegen, ein neues Heizsystem einbauen und Wärmeschutzfenster installieren. Wenn dann noch Dach und Außenfassade anständig gedämmt werden, sind die gröbsten Arbeiten erledigt.

Soweit die Vorgehensweise für Häuser, die gebaut wurden, als es bereits eine BRD gab. Entstand die Immobilie allerdings in den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts oder davor, haben die Besitzer eine größere Aufgabe vor sich.
Was nach 1950 gebaut wurde, hat verhältnismäßig homogene Eigenheiten: Wände bestehen entweder aus Bimsblöcken oder Ziegelsteinen, die Geschossdecken aus Beton oder Stahl. Vor dem Zweiten Weltkrieg waren jedoch andere Baustile vorherrschend, die ihre eigenen Anforderungen an eine Sanierung mit sich bringen.

[contentImage source=“4982704″ desc=“Aufsteigende Nässe ist ein großes Problem: Außendämmung von Kellerwänden war vor dem Krieg weitgehend unbekannt und muss durch Aufgraben und Austrocknen kostspielig nachgeholt werden.“ title=““ align=“rechts“ /]

Bauten aus den 20er/30er Jahre

Bei Häusern aus der Zwischenkriegszeit kommt es sehr genau auf das Baujahr an: Zwischen 1919 und 1923 herrschte in Deutschland Inflation, ab 1929 kam die Weltwirtschaftskrise zum Tragen – die Bauqualität war während dieser Phasen generell geringer. In diesen Jahren kamen erstmals in größerem Stil Bimssteine als Mauerwerk zum Einsatz – allerdings entstanden diese frühen Bimsblöcke nicht mit dem Erfahrungsschatz späterer Jahre, sodass sie zum Problem werden können. Räume waren im Vergleich zu späteren Baujahren relativ klein und benötigen genaue Planung, sofern die Grundrisse verändert werden sollen.
Typische Schadensbilder sind:

  • Feuchte (Keller-) Wände
  • Ungenügende Schall- und Wärmedämmung
  • Unterdimensionierte und deshalb durchgebogene Geschossdecken, oft aus Holz
  • Korrosion an stählernen Fenster- und Türstürzen
  • Fäulnis und Schädlingsbefall an allen hölzernen Bauteilen

[contentImage source=“4982705″ desc=“Stampfboden-Keller, die nachträglich einen gemauerten oder gegossenen Boden verpasst bekamen, benötigen eine aufwändige Sanierung.
“ title=““ align=“links“ /]

Das Problem dieser Baujahre sind vor allem die vielen, damals experimentellen Charakteristika, wie etwa Eckfenster. Hier müssen Bauherren auf teure Einzelanfertigungen setzen. Oftmals besteht bei solchen Häusern der Kellerboden aus gestampfter Erde. Spätere Besitzer machten gerne den gravierenden Fehler, einen Betonboden einbringen zu lassen. Dadurch wurde jedoch das Kellerklima nachhaltig gestört, Feuchtigkeit konnte nicht mehr verdunsten, stieg auf und sorgte für weitere Schäden.

Häuser aus der Kaiserzeit

Einen Vorteil haben viele Häuser, die noch zu Kaisers Zeiten errichtet wurden: Sie sind qualitativ hochwertiger. Wenn gemauert wurde, dann kamen vielfach Ziegelsteine zum Einsatz. Diese dämmen zwar nach heutigen Gesichtspunkten höchst mangelhaft, zeigen sich aber resistenter gegen die Feuchtigkeit der Jahrzehnte, die durch mangelnde Abdichtung entstand – die Bausubstanz ist also besser. Allerdings waren auch damalige Einfamilienhäuser für heutige Verhältnisse meist klein. Sanitärräume wurden oft als Anbauten realisiert, die weitere Probleme mit sich bringen können. Zu den genannten Schadensbildern der 20er/30er Jahre kommen noch folgende hinzu:

  • Risse im Mauerwerk durch Setzungsprozesse oder ungenügende Dimensionierung
  • Nachträgliche Elektroinstallation, die den heutigen Standards nicht entspricht
  • Unterdimensionierte Sanitärinstallationen (Rohrdurchmesser)
  • Schäden durch unsachgemäße spätere Sanierungen

Vor allem letzteres ist oft ein Problem: Viele Häuser aus der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg haben in der Nachkriegszeit eine Sanierung erlebt. Oft blieben die Arbeiten jedoch Stückwerk und sorgten für weitere Folgeschäden. Dies gilt insbesondere für die in Teilen Westdeutschlands verbreitete Bauweise mit Sockeln aus Vulkangestein, den sogenannten Krotzen – hier mehr über dieses Baumaterial. Diese Steine sind offenporig. Bei der Sanierung wurden sie jedoch häufig verputzt oder mit nicht-atmungsaktiven Farben gestrichen. Die Folge: Keller und Außenwände wurden feucht, mit entsprechenden Folgeschäden für das restliche Gebäude.

[contentImage source=“4982701″ desc=“Häuser aus der Kaiserzeit sind oft mit Stuck verziert, das ist teuer zu sanieren und ein Ausschlusskriterium für Außendämmung. “ title=““ align=“rechts“ /]

Zudem kann die Architektur dem Einsatz erneuerbarer Energien im Weg stehen: Dadurch, dass solche Altbauten eine im Verhältnis zum Raumvolumen kleine Dachfläche haben, steht weniger Platz zur Verfügung, um eine Fotovoltaikanlage zu installieren. Und wer also plant, seine Heizung durch Solarthermie zu unterstützen, für den sind die steilen Dächer der über hundert Jahre alten Häuser ein großer Nachteil, wie dieser Artikel erläutert.

Sonderfälle Fachwerk und Naturstein

Auch, wenn es aufwändig ist, die genannten Häuser lassen sich dennoch verhältnismäßig gut sanieren. Dazu trägt vor allem die Massivbauweise bei. Sie erlaubt es beispielsweise problemlos, einen neuen, wesentlich schwereren Dachstuhl samt Dämmung zu installieren. Auch stählerne Stürze lassen sich austauschen – die Techniken sind jedem Bauarbeiter, Architekten und Statiker vertraut.

Sehr viel schwieriger kann es allerdings werden, wenn das neue alte Haus beispielsweise aus Fachwerk besteht.
Fachwerk ist ein Fall für sich. Die Bautechnik macht vieles unmöglich, was heute bei Restaurierungen Standard ist:

  • Das Fachwerk selbst muss oft erneuert werden. Das ist kostspielig und beherrscht nicht jeder Architekt
  • Zwischen den Holzbalken bestehen die Wände oft aus Flechtwerk, verfüllt mit einem Lehm/Stroh-Gemisch
  • Gleichzeitig kommt wegen dieser Optik eine Außendämmung nicht infrage; gegen eine Innenraumdämmung sprechen aber oft die geringen Raumgrößen
  • Dämmung wird auch dann zum Problem, wenn altes Fachwerk erhalten werden soll. Denn dies muss zwingend atmen, damit die Feuchtigkeit das jahrhundertealte Holz nicht schädigt

[contentImage source=“4982722″ desc=“Nicht alle Handwerker beherrschen die Sanierung von Fachwerk. Die Konstruktionsweise macht eine normale Wanddämmung kompliziert.“ title=““ align=“links“ /]

Ähnliche Problematiken existieren auch dann, wenn die Außenwände des Hauses aus Natursteinen aufgebaut wurden. Durch die heterogene Größe der verwendeten Steine sind diese schon statisch schlechter zu kalkulieren. Zudem sind die Wände gewöhnlich wesentlich stärker als 50 Zentimeter und benötigen selbst bei einer Fassadendämmung sehr lange, bis sie aufgeheizt sind. Eine Innendämmung der einzelnen Räume ist daher unumgänglich, um die Heizkosten in einem vertretbaren Rahmen zu halten.

Denkmalschutz – und nun?

Noch einmal wesentlich komplexer wird die Situation, wenn das angepeilte Sanierungsobjekt unter Denkmalschutz steht. Denn dann kann der Besitzer zunächst einmal gar nichts in Eigenregie veranlassen – ohne Genehmigung der zuständigen Behörde dürfen keine Sanierungsarbeiten begonnen werden:

  • Im ersten Schritt nimtt der Hausherr Kontakt zur Denkmalschutzbehörde des Bundeslandes auf
  • Diese schickt einen Sachbearbeiter zu einem Ortstermin, bei dem der Besitzer die geplanten Arbeiten mit ihm bespricht
  • Dann entscheidet die Behörde, ob die Pläne zulässig sind

Obwohl die Behörden angehalten sind, es den Sanierern nicht übermäßig schwer zu machen, haben einige Vorhaben keinerlei Aussicht auf Erfolg, weil sie den äußeren Charakter der Gebäude schädigen würden. So müssen Dämmungen grundsätzlich innen angebracht werden, damit die Fassadenoptik erhalten bleibt. Aus gleichem Grund dürfen auch keine Kunststofffenster verbaut werden. Und Fotovoltaik- bzw. Solarthermie-Systeme dürfen nur auf nicht direkt einsehbaren Dachflächen montiert werden. Genaueres zu den regenerativen Energien im Denkmalschutz erklärt das hessische Landesamt für Denkmalpflege in diesem Text.

Fazit

Je älter das Haus, desto komplexer werden die typischen Schadensbilder und somit der Planungsaufwand für eine Sanierung. Was bei Häusern nach dem Zweiten Weltkrieg mittlerweile ein Standardvorgehen mit wenigen bautechnischen Überraschungen darstellt, kann bei älteren Häusern zu einer langwierigen und kostspieligen Angelegenheit werden.