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Die Verzahnung von Strom, Wärme und Verkehr

In der Diskussion der Energiewende kommt immer häufiger der Begriff der Sektorkopplung auf. Gemeint ist die Verzahnung von Strom, Wärme und Verkehr.

Die Energiewende ist auf einem guten Weg: 2016 hatten erneuerbare Energien einen Anteil von 29 Prozent an der insgesamt in Deutschland erzeugten Strommenge. Doch dieser Erfolg bezieht sich rein auf Strom. Nimmt man die Sektoren Wärme und Verkehr dazu, sieht die Bilanz weniger positiv aus. Denn diese Bereiche funktionieren noch überwiegend auf Basis ­fossiler Energien. Das soll sich ändern. „Die zweite Phase der Energiewende steht ganz im Zeichen des Zusammenwachsens der Sektoren Strom, Gebäude, Verkehr und Industrie“, sagt Andreas Kuhlmann, Vorsitzender der Geschäftsführung der Deutschen Energie-Agentur (dena). Die dena, zu 76 Prozent in Bundesbesitz, berät die Bundesregierung, aber auch Unternehmen und Verbraucher in Energiefragen. Was Kuhlmann Zusammenwachsen nennt, wird auch als Sektor- oder Sektorenkopplung bezeichnet – oder als Elektrifizierung der Gesellschaft. Gemeint ist: Strom aus erneuerbaren Energien soll fossile Brennstoffe ersetzen, auch in den Sektoren Verkehr und Wärmeerzeugung. Beide Bereiche gehören mit zu den größten Verursachern schädlicher Emissionen.

Energie ohne Grenzen

Bei der Sektorkopplung geht es nicht allein um das bessere Zusammenspiel von Stromerzeugung und -übertragung, Verkehr und Wärme. Es gilt, die Barrieren zwischen den Sektoren vollständig zu überwinden, zum Beispiel durch digitale Vernetzung. Stromverbraucher sollen künftig in der Lage sein, ihren Bedarf an das Angebot anzupassen. Kühlgeräte etwa arbeiten in diesem Zukunftsszenario mit vermehrter Kraft, wenn die Sonne scheint und viel Strom zur Verfügung steht. Ist zu wenig Strom im Netz, weil gerade der Wind nicht weht, stellen Elektroautos die in ihren Batterien gespeicherte Energie dem öffentlichen Netz zur Verfügung. Und weil ein „dummes“ Gerät nicht weiß, wann genau dieser Zeitpunkt gekommen ist, wird es Dienstleistungsunternehmen und digitale Helfer geben, die die Sektoren miteinander koppeln. Über Computer und Informationstechnik werden alle Geräte vernetzt sein, die Strom erzeugen, verteilen, speichern und verbrauchen. Apps und Agents, das sind digitale Vermittler, schlagen Lösungen vor.
Die Sektorkopplung ist ein Instrument, um die Klimaziele der Bundesregierung zu erreichen, zum Beispiel ihr Vorhaben, den Ausstoß von Treibhausgasen im Vergleich zu 1990 um
95 Prozent zu reduzieren. Die großen Aufgaben im Zusammenhang mit der Sektorkopplung sind:

  • mehr Erneuerbare
  • flexiblere Netze
  • alltagstaugliche Elektrmobilität
  • energieeffizientere Gebäude

Inzwischen existieren vielfältig und vielversprechende Lösungsansätze.

So könnte es gehen

Elektrisch Fahren
Elektroautos fahren emissionsfrei, wenn der Strom, den sie laden, aus erneuerbaren Quellen stammt. Bislang allerdings sind die Fahrzeuge noch teuer und es hapert mit der Reichweite. Doch die Batterien werden immer leistungsfähiger, neue Fahrzeugmodelle peilen 500 Kilometer Reichweite an. Die Zukunft sieht vielleicht so aus: Carsharing macht viele Autos überflüssig. Intelligente Konzepte erleichtern das Laden von Elektroautos. Und das E-Fahrzeug in der Garage dient als Stromspeicher. Ohne sich vom Fleck zu bewegen, kann es an die häusliche und regionale Energieversorgung andocken und für einen Lastausgleich sorgen. Die Sektoren Strom und Mobilität werden so mit­einander verflochten.

Heizen neu gedacht
Stromheizungen sind von gestern? Nicht unbedingt. Immer öfter nutzen Neubauten eine elektrische Wärmepumpe, um mit der Wärme zu heizen, die sie der Luft, dem Grundwasser oder dem Erdreich entziehen. Ein Comeback könnte auch die Nachtspeicherheizung erleben – dort, wo sie den Verbrauch zu flexibilisieren hilft. ­Außerdem werden in Zukunft vermutlich immer mehr Heizungen mit einem Fotovoltaik-Speicher ausgestattet sein. Tagsüber „tankt“ er Sonne vom Dach, abends, wenn es dunkel ist, liefert er den Bewohnern Strom. Und immer mehr Heizungen sind Mini-Kraftwerke: Sie liefern Wärme und Strom – die Sektorkopplung ist gleich mit eingebaut.

Energie, wandle dich
Strom zu speichern ist eine physikalische wie eine ökonomische Herausforderung. „Power-to-X“ nennen Experten die Techniken, mit denen sie experimentieren. Damit gelingt es, Strom in unterschiedliche Energieformen zu wandeln und flexibler einzusetzen. Durch Elektrolyse etwa wird überschüssiger Windstrom zu Gas, das sich – im Idealfall zu synthetischem Methan weiterverarbeitet – im Gasnetz speichern lässt. Obwohl es bei allen Wandlungen zu Verlusten kommt, machen sie den Strom vielseitiger. Zudem können sie eine günstige Lösung sein, um CO2 zu vermeiden. Um praktikable Speicher­lösungen bemühen sich ungewöhnliche Kooperationen: Ein Autohersteller und ein Heiztechnikproduzent zum Beispiel entwickeln Angebote für Unternehmen.

Effizienz als Wirtschaftsmotor
Es mag wie ein alter Hut klingen, aber sie gewinnt in der Energiewende noch mehr Bedeutung: die Energieeffizienz. „Die sauberste Kilowattstunde ist die, die gar nicht erst erzeugt werden muss“, wissen die dena-Experten. „Effizienz zuerst“, gibt das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie als Parole aus: „Energie, die eingespart wird, muss nicht erzeugt, gespeichert, transportiert und bezahlt werden: Dadurch sinken die Kosten der Energiewende.“ Ein echtes Schnäppchen wird die Sektorkopplung dadurch nicht. Die Bundesregierung sieht darin jedoch eine Strategie zur Modernisierung der Wirtschaft. Die neuen Technologien und die innovativen Produkte sollen der deutschen Wirtschaft und ihren Exporten auch zukünftig zu Erfolgen verhelfen.