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Vollgas mit Faulgas

Wasserstoff lässt sich nachhaltig mit Strom aus Windenergie und Photo­voltaik erzeugen – und auch aus Faulgas, das bei der Abwasserreinigung im Klärwerk entsteht. Die gewonnene Energie kann zum Beispiel Busse antreiben. Ein Pilotprojekt in Hannover zeigt, wie das funktioniert.

Kläranlagen sind der größte Stromverbraucher einer städtischen Kommune, denn die Reinigung von Abwasser verbraucht große Mengen an Energie. Die Stadtentwässerung Hannover (SEH) will die Energieeffizienz steigern und startet ein groß angelegtes Projekt zur Herstellung von grünem Wasserstoff. Der städtische Eigenbetrieb baut am Großklärwerk HannoverHerrenhausen bis 2025 eine eigene Elektrolyseanlage auf. Dort wird in Zukunft gereinigtes Abwasser unter Strom gesetzt. Die elektrische Energie dazu stammt aus Faulgas sowie Solar- und Windkraftanlagen. Beim Elektrolyseprozess werden Wasserstoff und Sauerstoff getrennt, um sie einzeln zu nutzen: Der Wasserstoff soll Busse des öffentlichen Nahverkehrs und andere Wasserstofffahrzeuge antreiben. Der Sauerstoff dient dazu, den Klärwerkprozess und die Qualität des gereinigten Abwassers zu verbessern. Zudem ensteht bei der Elektrolyse Wärme, die in die bestehende Fernwärmeversorgung der Stadt Hannover eingespeist wird.  Die Stadtentwässerung will auf diese Weise jährlich etwa 150 Tonnen Wasserstoff produzieren. Damit könnten pro Tag rund 20 Busse mit Wasserstoff betankt werden. Später soll die Anlage sogar bis zu 2500 Tonnen Wasserstoff im Jahr liefern.

Auf lange Sicht kann Wasserstoff zusammen mit anderen grünen Gasen zum Rückgrat der städtischen Energiewende werden. Aus energetischer Sicht entsteht durch das Projekt ein attraktives Gesamtsystem. Es nutzt die eingesetzte Energie besonders effizient und koppelt  gleich drei Sektoren: Mobilität, Wärme und Abwasserbehandlung.

Wasserstoff – aber ­umweltfreundlich

Wasserstoff bietet als Energieträger faszinierende Möglichkeiten. Das flüchtige Gas lässt sich unter anderem nutzen, um Wärme zu erzeugen und Fahrzeuge mit Brennstoffzelle anzutreiben. Während bei der Verbrennung fossiler Brennstoffe – meist Diesel oder Benzin – Abgase mit Schadstoffen wie Kohlendioxid oder Stickstoff entstehen, kommt bei Wasserstoffantrieben nur reines Wasser aus dem Auspuff. Wasserstofffahrzeuge werden über eine Brennstoffzelle mit Energie versorgt. Diese setzt in einem chemischen Prozess Wasserstoff in elektrische Energie und Wärme um. Der erzeugte Strom treibt den Elektromotor des Wagens an. Wie umweltfreundlich der Einsatz von Wasserstoff ist, hängt davon ab, auf welche Weise er erzeugt wird. Wird zum Beispiel Erdgas verwendet, um daraus Strom zu gewinnen, verbraucht der Herstellungsprozess große Mengen fossiler Energie. Dabei entstehen CO2 und andere schädliche Abgase.

Anders beim Konzept der Stadtentwässerung Hannover: Die SEH nutzt dafür Faulgas, das bei der Reinigung von Abwasser entsteht, sowie grünen Strom aus Solar- und Windkraftanlagen für den Betrieb der Elektrolyseanlage. Bislang muss das Unternehmen viel Energie einsetzen, um die Abwässer zu reinigen: „Besonders energieintensiv ist der Betrieb der elektrischen Gebläse, die die Mikroorganismen in den Belüfteranlagen mit Sauerstoff versorgen“, erklärt Matthias Görn, Leiter der Stadtentwässerung. „Herkömmliche Kläranlagen sind die größten Einzelverbraucher in einer städtischen Kommune“, ergänzt er. Im Durchschnitt gehen 20 Prozent des gesamten Stromverbrauchs einer Kommune in die Reinigung des Abwassers. Wenn Kommunen in Zukunft mithilfe von Faulgas und erneuerbaren Energien klimaneutral Wasserstoff, Sauerstoff und Wärme erzeugen, könnte sie das finanziell deutlich entlasten. Und auch dem Klima würde die innovative Energieverwertung guttun.