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Wundermittel Wasserstoff

Wasserstoff gilt als Energieträger der Zukunft, um die Klimaziele zu erreichen. Das flüchtige Gas beheizt Häuser, treibt Flugzeuge, Schiffe oder Laster an und dient als Brennstoff in der Industrie. Doch klimaneutral erzeugter Wasserstoff ist noch rar. Wo sollte er am besten eingesetzt werden?

Bis 2045 soll Deutschland klimaneutral werden – mithilfe von Wasserstoff. Das vielfältig einsetzbare Gas kann sich zum zentralen Baustein auf dem Weg in eine klimafreundliche Zukunft entwickeln – vorausgesetzt, der zur Produktion des Wasserstoffs verwendete Strom stammt aus erneuerbaren Energien. Die Bundesregierung setzt daher vor allem auf sogenannten grünen, also CO2-frei erzeugten Wasserstoff, um die Klimaziele zu erreichen.

Der Bedarf ist riesig: Bis 2030 sollen die Elektrolyse-Kapazitäten für grünen Wasserstoff im Vergleich zu heute bundesweit auf fünf Gigawatt steigen. Noch aber wird der meiste Wasserstoff aus Erdgas erzeugt, einem fossilen Brennstoff, bei dessen Verarbeitung unter anderem CO2 entsteht, das für einen großen Teil der Erderwärmung verantwortlich ist. Solange die Energiewende stockt, ist grüner Wasserstoff rar. Umso wichtiger ist es, ihn gezielt dort einzusetzen, wo er die effizienteste und kostengünstigste Option darstellt. Ein Überblick über die verschiedenen Anwendungsmöglichkeiten.

Gebäude

Zum Heizen von Wohnhäusern gibt es effizientere Varianten als Wasserstoff (H2), etwa Wärmepumpen, die mit Ökostrom betrieben werden. Allerdings eignen sie sich nicht für jedes Grundstück. Eigenheimbesitzer, die ihre bestehende Erdgasheizung weiterverwenden wollen, haben auch die Option, diese umzurüsten: Mit kleineren Anpassungsarbeiten kommen neuere Heizungen problemlos auch mit einem Erdgas-/Wasserstoffgemisch klar. Erdgas kann schon heute bis zu 20 Prozent Wasserstoff beigemengt werden. Handelt es sich um „grünen Wasserstoff“, sinkt der CO2-Ausstoß entsprechend.

Autos, LKW und Busse

BMW testete schon in den 1990er-Jahren Fahrzeuge, die dank modifizierter Motoren direkt Wasserstoff verbrennen konnten. Zudem konstruierten mehrere Hersteller Wasserstoffautos mit Brennstoffzelle. Letztlich scheiterten diese Entwicklungen an der fehlenden Kraftstoff-Infrastruktur. Derzeit herrscht in der Autobranche weitgehend Einigkeit, dass Batteriefahrzeuge aktuell der bessere Weg sind als Wasserstoff-Mobile, unter anderem wegen ihrer Energiebilanz. Wenn aber genügend umweltfreundlich erzeugter Wasserstoff verfügbar ist, könnten auch Wagen mit Brennstoffzelle wieder ins Spiel kommen.

Für Lkw und Busse könnten Brennstoffzellen eine nachhaltige Alternative zum Diesel sein. MAN schickt schon erste Versuchsmodelle mit Wasserstoff auf die Straße, die mit einer Tankfüllung rund 800 Kilometer weit kommen sollen. Die gesamte Logistik-Branche ist im Aufbruch: Mehr als 60 Unternehmen – Hersteller, Zulieferer, Speditionen und Energieversorger – arbeiten zusammen, um Wasserstofflösungen im Schwerlastverkehr anzuschieben. Bis 2030 sollen in Europa über 100 000 Wasserstoff-Lkw unterwegs sein und an 1500 Tankstellen umweltfreundlichen Treibstoff tanken.

Züge

Hätten Sie es gewusst? Nur rund 60 Prozent der deutschen Eisenbahnstrecken sind elektrifiziert. Auf dem Rest geht’s mit Dieselloks voran. Das soll sich ändern. Von 2018 bis 2020 wurden zwischen Cuxhaven und Buxtehude zwei Regionalzüge mit Wasserstoffantrieb getestet. 2022 sollen sogar 14 Wasserstoffzüge auf der 100 Kilometer langen Strecke im Linienbetrieb fahren. In Hessen gehen dieses Jahr 27 Züge der gleichen Flotte in regulären Betrieb. Ihr Treibstoff kommt aus dem Industriepark Hoechst bei Frankfurt. Der Wasserstoff fällt dort als Abfall an.

Flugzeuge

Wasserstoff statt Kerosin – diesen Ansatz verfolgt zum Beispiel Airbus mit dem Konzept „Zero E“. Bis 2035 will der europäische Flugzeugbauer Maschinen mit unterschiedlichen Antriebskonzepten auf den Markt bringen. Wohl am weitesten sind Planungen für ein Turbopropmodell – ein Propellerflugzeug für bis zu 100 Passagiere. Nicht weniger als sechs Gondeln sollen unter den Tragflächen des Fliegers hängen: jeweils mit Elektromotor, Propeller, Brennstoffzelle, Wasserstofftank und Elektronik. Größere Wasserstoffmodelle will Airbus mit Mantelstrom-Düsentriebwerken ausstatten. Batterien kommen zum Speichern der Antriebsenergie von Flugzeugen derzeit nicht in Betracht – sie sind einfach zu schwer.

Schiffe

Auch auf hoher See und in der Binnenschifffahrt tut sich was: In Kürze wird auf der Seine bei Paris ein Frachtschiff mit Wasserstoffantrieb starten. Und 2027 soll zwischen Kopenhagen und Oslo eine wasserstoffbetriebene Fähre bis zu 1800 Passagiere, 380 Autos und 120 Lkw befördern: Die Europa Seaways wäre damit die weltweit größte, mit Wasserstoff betriebene Fähre. Sie soll ausschließlich mit grünem Wasserstoff bewegt werden und so rund 64 000 Tonnen CO2 sparen.

Industrie

Die chemische Industrie verbraucht bundesweit heute schon pro Jahr 12,5 Milliarden Kubikmeter Wasserstoff. Bis 2050 soll der Bedarf auf das Sechsfache steigen. Große Hoffnungen setzen auch Zement- und Stahlindustrie auf das leichte Gas, um die Produktion klimaneutral zu gestalten und auf Erdgas und Kohle zu verzichten. Rein technisch lassen sich die Aufgaben lösen. Um aber genügend klimaneutralen Wasserstoff zu erzeugen, sind hohe Investitionen in erneuerbare Energien nötig. Für den Transport des Wasserstoffs könnte das bestehende Gasnetz genutzt werden.