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Künstliche Intelligenz, übernehmen Sie!

Die künstliche Intelligenz wird bei der Energiewende eine Schlüsselrolle spielen.

Stellen Sie sich vor, Sie sind Hausmeister/-in. Würden Sie sich auf die folgende Stellenanzeige bewerben? „Er/sie sollte das Energieverhalten des Gebäudes in jeder denkbaren Wettersituation vorhersagen, Heizung, Lüftung, Waschmaschinen sowie die Ladung von Elektroauto und Stromspeicher situationsgerecht steuern können – und zwar stromsparend, netzverträglich und wirtschaftlich. Bewerbungen unter siencefiction.com.“

Wohl kaum. Die Annonce ist frei erfunden. Selbst ein Mathematikgenie wäre mit diesen Anforderungen überfordert. Nicht aber der „virtuelle Hausmeister“ – denn der nutzt „künstliche Intelligenz“. Hinter dem Schlagwort verbirgt sich eine komplexe Software, die menschliche Intelligenz nachahmen und auf eine riesige Rechnerkapazität zugreifen kann. Sie setzt gleichzeitig Abertausende Daten in Beziehung – Prognosen verschiedener Wetterdienste, die aktuelle Außentemperatur an mehreren Stellen des Gebäudes, die Nutzung der Innenräume oder technische Parameter der Heizungs- und Lüftungsanlagen – und steuert damit die Heizung punktgenau und energiesparend.

Selbstlernende Heizung

Der Clou: Die Software, richtig „trainiert“, lernt ständig dazu und wird so immer effizienter. Vereinfacht gesagt, vergleicht sie laufend ihre aktuellen Ergebnisse mit prognostizierten Werten und früheren Szenarien. So erkennt sie kleinteilige Muster, die selbst Experten verborgen bleiben. Aus diesen Mustern oder auch aktuellen Abweichungen davon zieht die Gebäudesteuerung die gewünschten Schlüsse. Alle programmierten Handlungsvorschriften bilden dann den Algorithmus, die eigentliche Intelligenz. Und das soll sich lohnen? Experten sind überzeugt. Einmal programmiert, ließe sich die Software vielfältig einsetzen. Noch aber ist es nicht so weit. Die ersten Testläufe in Berlin und Mannheim mit vorausschauendem Gebäudemanagement verliefen vielversprechend. Der Energieverbrauch könne um bis zu 30 Prozent, die Heizkosten um bis zu 20 Prozent sinken, erwarten die Forscher. Die „lernende Heizung“ würde die Energiewende kräftig puschen – und Haushalt und Unternehmen von Energiekosten entlasten.

Sensoren und Roboter für Windparks

Künstliche Intelligenz, kurz KI, soll auch helfen, die hohen Wartungskosten und Ausfallzeiten von Offshore-Windparks zu senken. Dafür statten Techniker die Windräder mit Sensoren aus. In den Steuerungszentralen der Betreiber laufen dann permanent Daten ein – über Windgeschwindigkeit, Luftfeuchtigkeit, Getriebegeräusche und vieles mehr. Hochleistungsrechner verarbeiten sie in Echtzeit und vergleichen sie mit historischen Daten. Damit können sie immer exakter vorausberechnen, wann ein Teil gewartet oder getauscht werden muss. Der Betriebsingenieur in Stuttgart, Essen oder Hamburg hat dank Big Data einen permanenten Überblick über den technischen Zustand jedes einzelnen Windrades in einem Windpark weit draußen auf der Nord- oder Ostsee. Statt pauschale Wartungsintervalle einzuhalten oder erst zu reagieren, wenn ein Windrad ausfällt, kann er Wartungs- und Reparaturintervalle vom tatsächlichen Zustand abhängig machen sowie Einsätze bündeln. Die vorausschauende Instandhaltung lohnt sich gleich doppelt: Wartungskosten sinken und der Stromertrag steigt dank niedrigerer Ausfallzeiten.

Das englische Forschungsprojekt MIMRee geht noch weiter. Bisher wurden Techniker per Hubschrauber zu den Windrädern geflogen und wie Fassadenkletterer an Seilen herabgelassen, um die Rotorblätter hängend über meterhohen Wellen zu reparieren. Doch solche Einsätze sind teuer und aufwendig, die Zeitfenster aufgrund der Abhängigkeit vom Wetter begrenzt. Künftig sollen Roboter den Job übernehmen. Wie das?

Die Überwachungssoftware meldet den Reparaturbedarf an einem Offshore-Windrad und schickt ein autonom fahrendes Schiff mit Inspektionsdrohne und Reparaturroboter, aber ohne Besatzung los. Am Windpark angekommen, startet die Drohne und filmt die vermuteten Schäden. Eine künstliche Intelligenz wertet die Daten aus und errechnet den Ausbesserungsbedarf. Den damit programmierten Kriechroboter bringt dann die Drohne zur Schadstelle, etwa am Rotorblatt. Der Roboter saugt sich dort fest und bessert den Schaden aus. Sobald er „done“ funkt, holt ihn die Drohne wieder zum Schiff zurück. Noch ist das Zukunftsmusik. Doch wenn die Forscher ihr Projekt erst mal zur Praxisreife bringen, wird Windenergie auf hoher See noch effizienter. Und intelligenter allemal.

Hoffnungsträger für die Energiebranche

Künstliche Intelligenz (KI) ist eine Informatikanwendung, die einen Ausschnitt menschlicher Intelligenz nachahmen kann. KI-Systeme haben die Fähigkeit, zu lernen – das unterscheidet sie von herkömmlichen Computerprogrammen. KI dringt inzwischen in alle Bereiche des Lebens vor und gilt als Schlüsseltechnologie auch für die Energiewende. Selbstlernende Systeme sollen helfen, Strom zu sparen, Netze smarter zu machen und Erzeugung, Speicherung und Verbrauch von erneuerbaren Energien besser aufeinander abzustimmen.

Alexa, Saugroboter oder Thermostate, die sich per App steuern lassen: Auch im Haushalt übernimmt künstliche Intelligenz bereits Aufgaben und macht den Alltag komfortabler. Wo sie uns begegnet, zeigt ein Themenspecial von Stiftung Warentest.