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Meer geht nicht

Wer am Strand spaziert, sieht immer mehr Müll. Jennifer Timrott und ihr Verein „Küste gegen Plastik“ wollen das ändern. Mit einer App und viel Engagement. 

Jennifer Timrott wurde das Problem quasi vor die Füße gespült. 2013 tobten im Winter schwere Sturmfluten um die Insel Hooge im nordfriesischen Wattenmeer, auf der sie damals lebte. Als das Wetter sich beruhigte, fand sie am Strand Unmengen angespülter Plastikverpackungen. Timrott hatte schon vorher versucht, im Alltag auf Plastik zu verzichten. „Mit diesem individuellen Ansatz bin ich aber krachend gescheitert“, sagt die 53-Jährige und lacht. „Doch damals, als – man kann es nicht anders sagen – das Meer sich so ausgekotzt hat, war klar: Wir müssen versuchen, das zu ändern.“

Das Erlebnis war die Initialzündung, um 2014 den Verein „Küste gegen Plastik“ zu gründen. Die Mitglieder baten Unternehmen zunächst, die Plastikverpackungen ihrer Produkte zu überdenken. Doch die Antwort war meist: Die Verbraucher wollen das so. Tatsächlich? Um den Gegenbeweis anzutreten, entwickelte der Verein die Kampagne „Replace Plastic“ und die zugehörige kostenlose App (Download App: Apple App Store / Google Play). Diese ist einfach zu bedienen: Man scannt den Barcode des Produkts, das man gern plastikfrei gekauft hätte, und klickt auf „Verbesserungswunsch senden“ .

Millionen gescannte Verpackungen

Damit die einzelnen E-Mails nicht bei großen Unternehmen im Spam-Ordner landen, sammelt der Verein die Anfragen und schickt sie im Paket an die Hersteller. „Wir möchten ihnen ein konstruktives Feedback schicken, eine Art Marktforschung, und zeigen, schaut mal: Hier sind viele Hundert Kunden, die sich von euch etwas anderes wünschen.“ Das geschieht, wenn 20 Leute ein Produkt gescannt haben. Innerhalb von vier Wochen werden die Anfragen dann gesammelt weitergeleitet. Aus der Einzelstimme wird ein mehrstimmiger Chor, der Gehör findet. 

Seit Auflage der App 2018 wurden mehr als 1,9 Millionen Verpackungen gescannt, rund 104 000 Mails an Unternehmen versandt und manche Verpackungen bereits geändert. Der Verein organisiert außerdem Müllsammelaktionen an der Küste. Auch wenn diese das Problem nicht grundsätzlich lösen, erleben die Menschen sie doch als Weckruf – so wie damals Jennifer Timrott nach der Sturmflut.

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